Fortschritt der Inklusion in Deutschland auf dem Prüfstand bei den Vereinten Nationenerschienen am

Porträt von Herrn Jürgen Dusel
Quelle: Henning Schacht

Fortschritt der Inklusion in Deutschland auf dem Prüfstand bei den Vereinten Nationen

Liebe Leserinnen und Leser des Inklusionsnewsletters,

einen Monat ist nun die Staatenprüfung Deutschlands durch die Vereinten Nationen in Genf her. Ich hatte die große Ehre, vor dem Fachausschuss für die Rechte von Menschen mit Behinderungen zu sprechen und zu unterstreichen, dass es in Deutschland noch viele Baustellen bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention gibt. Mein Radiointerview zur Staatenprüfung mit hr-info können Sie nachhören (barrierefreie Version!).

Inzwischen liegen auch die so genannten Abschließenden Bemerkungen des Fachausschusses für die Rechte von Menschen mit Behinderungen vor. Deutschland wurde durchaus für einige inklusionspolitische Fortschritte gelobt, zum Beispiel für den aktuellen Koalitionsvertrag, der viele ressortübergreifende Aspekte zur Verbesserung der Barrierefreiheit vorsieht; auch das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz und die neue Bundesinitiative Barrierefreiheit wurden positiv hervorgehoben. Doch es gab auch harsche Kritik, zuallererst für die mangelnde Umsetzung inklusiver Bildung durch die Bundesländer. Auch die viel zu langsamen Fortschritte bei der Deinstitutionalisierung in den Bereichen Arbeit und Wohnen hat der Fachausschuss bemängelt. Menschen mit Behinderungen brauchen mehr Freiheit in der Wahl ihres Arbeitsplatzes, und das möglichst im ersten Arbeitsmarkt, und in der Wahl ihres Wohnortes, und - wenn gewünscht - in einer bezahlbaren und barrierefreien Wohnung und nicht in einem Wohnheim!

Damit diese Kritik an der Bundesregierung nicht verpufft, sondern wir den Rückenwind der Staatenprüfung für die Inklusion in Deutschland nutzen, plane ich gemeinsam mit dem Deutschen Institut für Menschenrechte (DIMR) eine Folgekonferenz im Februar 2024. Einladen werden wir die politisch Verantwortlichen in Bund, Ländern und Kommunen, um darauf hinzuwirken, dass sie die Abschließenden Bemerkungen und Empfehlungen des Fachausschusses als Maßstab für konkrete politische Entscheidungen nehmen. Damit die Inklusion in Deutschland vorankommt und als das gesehen wird, was es ist: ein Menschenrecht. Sehen Sie dazu auch meinen aktuellen und barrierefreien Videopodcast an!

Erinnern Sie sich? Im Sommer hatten wir hier in Berlin die Welt zu Gast bei den Special Olympic World Games, endlich standen auch einmal Menschen mit intellektuellen Beeinträchtigungen im Licht der Aufmerksamkeit. Deshalb haben mein Team und ich in unserer Arbeit 2023 auch einen Schwerpunkt auf die Forderungen und Rechte dieser Personengruppe gelegt. Die Ergebnisse unserer Fachdialoge zu den Themen Arbeit, Bildung, Gesundheit, Digitalisierung und Gewaltschutz werden wir im Dezember präsentieren und unsere Handlungsempfehlungen der Bundesregierung überreichen. Wir halten Sie auf dem Laufenden!

Das Thema Inklusion in der Arbeitswelt wird schon seit Längerem öffentlich heiß diskutiert, vor allem dann, wenn es um die Arbeit in den Werkstätten für behinderte Menschen geht. Insbesondere die viel zu geringe Vermittlungsquote auf den ersten Arbeitsmarkt - sie liegt bei unter einem Prozent! - und die schlechte Entlohnung sind die strittigsten Punkte. Ich habe kürzlich die Werkstatträtekonferenz der SPD-Bundestagsfraktion mit dem Titel „Entgelt und Arbeitsmarkt - Wie geht es weiter mit den Werkstätten?“ besucht, und habe hier meine Position deutlich gemacht.
Für mich ist auch im Arbeitsleben von Menschen mit Behinderungen der personenzentrierte Ansatz die richtige Lösung: Der Mensch steht im Mittelpunkt, seine Unterstützung oder Assistenz erfolgt dort, wo er seine Arbeit verrichtet, ob in der Werkstatt oder in einem Unternehmen. „Behinderte Menschen müssen ihren Rucksack mit ihren Teilhabeleistungen packen können, so dass diese überall dort erbracht werden kann, wo behinderte Menschen arbeiten“, so habe ich es auf der Werkstatträtekonferenz zusammengefasst. Lesen Sie dazu auch den Artikel in den Kobinet-Nachrichten. Ich werde mich auch weiter in den Gesetzgebungsprozess der Reform der Werkstätten einbringen, der jetzt konkret wird.

Dass man mit eigener Initiative und gemeinsam mit anderen Akteuren zeigen kann, wie es geht und dass es geht, beweist unser 1. Inklusionscup, den mein Team und ich zusammen mit dem Behinderten Golf Club Deutschland e.V. und dem Deutschen Golf Verband e.V. ins Leben gerufen haben. Hier haben in der letzten Woche rund 90 Golferinnen und Golfer mit und ohne Behinderungen auf dem Golfplatz am Seddiner See gemeinsam gespielt und eingelocht, genetzwerkt und auch Grenzen überwunden. Den Pokal mit dem 1. Preis hat dann auch ein Team von Spielern mit und ohne Behinderungen gewonnen, ich gratuliere noch einmal herzlich: Timo Klischan, Clemens Schmidt, Stev Theloke und Klaus Böger.
Denn das ist etwas, was der Sport kann: Die Gemeinsamkeit und den Teamgeist in den Mittelpunkt stellen und gelernte Rollen überwinden. Und wenn’s im Sport klappt, warum dann nicht überall, am Arbeitsplatz, beim Arztbesuch und im täglichen Miteinander? Daran arbeiten wir unermüdlich weiter.

Es grüßt Sie herzlich

Ihr
Jürgen Dusel
Beauftragter der Bundesregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen

Jürgen Dusel zur Staatenprüfung der Vereinten Nationen in Genf - Interview mit dem hr-Inforadio

Staatenprüfung der Vereinten Nationen: „Wir haben in Deutschland noch viele Baustellen in der Umsetzung dieses Menschenrechts auf Teilhabe“

Weiterlesen

Der neue Inklusionspodcast ist online!

Barrierefrei und für jede und jeden zugänglich - Jürgen Dusel berichtet über wichtige Themen.

Weiterlesen

Hinweis zur Verwendung von Cookies

Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Dienste. Mit der Nutzung unserer Dienste erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden. Weitere Informationen zum Datenschutz erhalten Sie über den folgenden Link: Datenschutz