Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
Datum 27.01.2022
Liebe Leser*innen des Inklusionsnewsletters,
nach einiger Zeit melde ich mich wieder mit einer neuen Ausgabe des Inklusionsnewsletters bei Ihnen. Vieles ist in den letzten Monaten passiert und auch, wenn 2022 schon einige Tage alt ist, wünsche ich Ihnen ein gutes neues Jahr mit viel Glück und vor allem auch Gesundheit. Mögen Sie alles schaffen, was Sie sich vorgenommen haben.
Heute schreibe ich Ihnen an einem besonderen Datum: Heute ist der 27. Januar 2022, der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus. Wir gedenken an diesem Tag der vielen Opfer, unter denen auch mehrere hunderttausende Kinder, Männer und Frauen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen waren: Im Zuge der sogenannten Aktion T4 wurden mehr als 70.000 Morde an Patient*innen aus Heil- und Pflegeanstalten verübt. Insgesamt wurden in psychiatrischen Einrichtungen des Deutschen Reichs 200.000 Menschen in verdeckten Aktionen ermordet. Sie wurden vergast oder durch Medikamente getötet. An ihnen wurden entsetzliche medizinische Versuche verübt. Und sie wurden „Hungerbehandlungen“ unterzogen. Der Umfang des Zynismus, der Kaltblütigkeit und der Menschenverachtung ist nicht zu fassen: alles aus Sicht der Nationalsozialisten „Lebensunwerte“ sollte vernichtet werden. Europaweit gehen wir von 300.000 Tötungen aus. Hinzu kommen 400.000 Opfer von Zwangssterilisierungen.
Diesem Gedenken muss in Zukunft ein deutlich höherer Stellenwert gegeben werden. Die Opfer dieser Morde und der Zwangssterilisation müssen endlich offiziell als Opfer des Nationalsozialismus anerkannt werden. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung lässt hoffen, denn er verspricht genau dies. Ich werde mich dafür einsetzen, dass dieser überfällige Schritt rasch vollzogen wird.
Denn eines ist klar: Ein Tag des Gedenkens lässt uns nicht nur zurückblicken. Er ist immer auch Mahnung für das Heute und Morgen. Wir müssen und wollen aus dem Geschehenen Lehren für unser heutiges Leben ziehen. Wenn wir beispielsweise falsche Bilder und Vorurteile, die oftmals noch verbreitet sind über Menschen mit Behinderungen, wahrnehmen. Oder wenn sie verächtlich gemacht werden in sozialen Netzwerken. Auch heute sind Menschen mit Behinderungen noch überproportional häufig von struktureller Abhängigkeit und insbesondere Frauen mit Behinderungen von Gewalt betroffen. Hier müssen wir achtsam sein, hinschauen und handeln.
Leider lässt die Pandemielage uns auch heute nicht zum gemeinsamen Gedenken zusammenkommen. Wir müssen angesichts der aktuellen Infektionszahlen weiter vorsichtig sein und Kontakte vermeiden. Daher sende ich Ihnen, wie auch im letzten Jahr, eine Videobotschaft.
In diesem Video kommen auch zwei Kulturvermittlerinnen aus der Gedenkstätte Brandenburg an der Havel zu Wort. Sie werden aus einem berührenden Buch lesen: „Die Hempelsche“ von Elvira Manthey. Das Buch von Elvira Manthey ist ein Zeitzeugenbericht der im Jahr 1931 geborenen Frau. In der Anstalt in Brandenburg an der Havel wurden zwischen Januar und Oktober 1940 etwa 9.000 Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen im Rahmen der so genannten „T4-Aktion“ ermordet. Nur 32 überlebten dieses Martyrium. Eine davon war Elvira Manthey. Aufgrund ihrer sozial schwachen Herkunft wuchs Elvira Manthey in Kinderheimen auf. Sie wurde von damaligen Entscheidungsträgern pathologisiert und kam so nach Brandenburg an der Havel. Sie beschreibt in ihrem Buch sehr eindrücklich das barbarische Verhalten von Pflegenden und Mediziner*innen.
Sie können das Video mit meinem Statement und der kurzen Lesung unten finden.
Ansonsten erlauben Sie mir zum Ende noch kurz auf meine erneute Berufung zum Behindertenbeauftragten der Bundesregierung für die 20. Legislaturperiode einzugehen. Ich freue mich sehr über das entgegengebrachte Vertrauen des Bundeskabinetts und insbesondere von Bundesminister Hubertus Heil. Sie können sicher sein, dass ich mich auch weiterhin mit aller Kraft für Ihre Belange, die Belange von Menschen mit Behinderungen, einsetzen werde.
Ich freue mich auf eine gute Zusammenarbeit!
Mit herzlichen Grüßen
Ihr Jürgen Dusel
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