Weniger Vorurteile oder:
Mehr Leichte Sprache bitte!erschienen am

Herr Dusel sitzt und spricht mit einer Person. Mit seinen Händen gestikuliert er: Er hält beide Hände mit den Handflächen nach oben, als würde er etwas abwägen.
Quelle: Foto: Behindertenbeauftragter/Schacht.

Gastbeitrag von Jürgen Dusel in der Tagesspiegel Sonderbeilage vom 03.12.2022

„Im Juni 2023 finden die Special Olympics World Games in Berlin statt. Ein Ereignis, auf das ich mich sehr freue.

Vielleicht lesen Sie gerade zum ersten Mal davon. Es wäre nicht verwunderlich - auch die Nationalen Spiele 2022 haben wenig Aufmerksamkeit gefunden. Das ist mehr als schade. Denn die Special Olympics sind ein großartiges Sportereignis und ich empfehle Ihnen wärmstens, hinzugehen und zuzuschauen.

Es ist nicht selten, dass die Belange von Menschen mit so genannten intellektuellen Einschränkungen kaum Aufmerksamkeit erhalten. Sie haben keine große Lobby und es gibt nur wenige unter ihnen, die eine große Reichweite haben.

Das liegt daran, dass wir als Gesellschaft zu exklusiv sind - und das im wahrsten Sinn des Wortes: Das Gegenteil von inklusiv.

So gibt es zu wenige Informationen in Leichter Sprache, von Seiten der Behörden und Verwaltungen in Deutschland, aus dem politischen Betrieb oder auch von Seiten der Medien. Information ist jedoch die Währung der Demokratie - dieses Zitat, das dem dritten amerikanischen Präsidenten Jefferson nachgesagt wird, hat auch hier Gültigkeit. Erst die Information ermächtigt das Individuum, an der Gesellschaft teilzuhaben. Fehlt sie, ist der oder die Einzelne ausgeschlossen.

Und das hat weitreichende Folgen: Menschen mit Lernschwierigkeiten haben Probleme, einen Schulabschluss zu erreichen und finden selten einen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt. Hier braucht es mehr Anstrengungen im Bildungssystem. Auch in der digitalen Welt sind viele abgehängt - eine finanzierte Digitalassistenz wäre ein Ansatz. Außerdem gibt es erhebliche Defizite bei der gesundheitlichen Versorgung. Unser Gesundheitssystem ist alles andere als barrierefrei. Und wie viele Schauspieler*innen mit Lernschwierigkeiten kennen Sie? Hier hat sich in den vergangenen Jahren zwar schon einiges verbessert, so gibt es immer mehr professionelle Schauspielerinnen wie Luisa Wöllisch oder Julia Häusermann. Aber auch hier brauchen wir mehr Vorbilder.

Denn das ist der Punkt: Wir müssen endlich wegkommen von einem defizitorientierten Blick auf Menschen mit Behinderungen. Die Athlet*innen der Special Olympics verkörpern Werte wie Solidarität, Empathie, Rücksichtnahme und Fairness und sind Vorbilder für uns, gerade in diesen schwierigen Zeiten."

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