Barrierefreiheit – von Beginn an

Ein Tablet in Nahaufnahme. Eine Hand mit rot lackierten Fingernägeln, die es bedient.
Barrierefreiheit ist auch in allen Bereichen des digitalen Lebens wichtig. Quelle: Behindertenbeauftragter/Dirk Enters

Barrierefreiheit ist viel mehr als die Rampe vor der Tür, der barrierefreie Fahrstuhl, die barrierefreie Toilette oder Blindenleitsystem. Barrierefreiheit spielt in allen Bereichen des Lebens eine Rolle: In seiner Amtszeit widmet sich Jürgen Dusel insbesondere auch dem Thema „Barrierefreie Digitalisierung“.

In Deutschland gibt es ungefähr 13 Millionen Menschen mit einer Beeinträchtigung – rund 8 Mio. von ihnen sind schwerbehindert. Diese Menschen leben nicht alleine, sondern haben Partner*innen, Eltern und Kinder. Viele Menschen also sind entweder unmittelbar oder mittelbar daran interessiert, dass unser Sozialraum in all seinen Facetten barrierefrei ist.

In wenigen anderen politischen Handlungsfeldern ist es möglich, mit konkreten Maßnahmen so zügig und nachhaltig Verbesserungen für Menschen mit Beeinträchtigungen und Behinderungen, ältere Menschen und Familien mit Kindern zu erreichen. Es muss nur konsequent angegangen werden.

Zum Thema „Barrierefreiheit“ gehört unter anderem die medizinische Versorgung (zum Beispiel barrierefreie Arztpraxen), barrierefreie Mobilität, aber auch allgemein barrierefreie Angebote von Produkten und Dienstleistungen – sowohl im öffentlichen als auch im privaten Bereich. Barrierefreiheit ist die zentrale Voraussetzung für eine inklusive Gesellschaft und für das Überwinden der Herausforderungen des demografischen Wandels.

Meist wird über Barrierefreiheit im baulichen Bereich diskutiert. Im Ergebnis wird zwar zunehmend mehr barrierefrei gebaut, tatsächlich gibt es dort noch eine Menge zu tun, denn noch längst wird Barrierefreiheit und Zugänglichkeit nicht überall bei der Planung mitgedacht. Dabei geht es bei Weitem nicht nur um die Rampe vor der Tür, den barrierefreien Zugang. Es geht um breite Türen, barrierefreie Fahrstühle und Toiletten. Das ist insbesondere wichtig für Menschen, die im Rollstuhl sitzen. Aber auch Menschen mit Sehbehinderungen, taube Menschen oder Menschen mit Hörbeeinträchtigungen oder mit kognitiven Einschränkungen oder Lernschwierigkeiten haben ein Recht auf Barrierefreiheit.

Um hierfür mehr Bewusstsein zu schaffen, veranstaltet Jürgen Dusel gemeinsam mit der Bundesarchitektenkammer und den jeweiligen Landearchitektenkammern eine Veranstaltungsreihe quer durch die gesamte Bundesrepublik. Mehr über vergangene und anstehende Veranstaltungen finden Sie unter Veranstaltungen.

Barrierefreie Digitalisierung

Barrierefreiheit ist viel mehr als die Rampe vor der Tür, der barrierefreie Fahrstuhl, die barrierefreie Toilette, Blindenleitsystem. Barrierefreiheit spielt in allen Bereichen des Lebens eine Rolle: So widmet Jürgen Dusel sich in seiner Amtszeit insbesondere dem Thema „Barrierefreie Digitalisierung“.

Die Digitalisierung hat alle Bereiche des privaten und öffentlichen Lebens erfasst. Sie eröffnet insbesondere für Menschen mit Behinderungen große Chancen – ist aber auch mit zahlreichen Herausforderungen verbunden. Das Netz bietet Informations- und Austauschplattformen, hat eine große Reichweite und ist ein schier unerschöpflicher Wissensspeicher, der zeit- und ortsunabhängig zu erreichen ist. Aspekte, die für alle Menschen eine wichtige Rolle spielen – die aber gerade für Menschen mit zum Beispiel Mobilitätseinschränkungen ein noch viel größeres Maß an Unabhängigkeit bedeuten. Die Entstehung sozialer Netzwerke hat diese Entwicklung noch ein weiteres Stück vorangebracht. Neue Techniken, Anwendungen und Geräte sind jedoch nur dann für alle Menschen nutzbar, wenn sie konsequent barrierefrei konzipiert werden – und zwar von Beginn an. Das hat die Corona-Pandemie deutlich gezeigt.

Beim Prozess der Digitalisierung dürfen daher die Fehler der Vergangenheit nicht wiederholt werden: So wie auch ein fertiges Gebäude im Nachhinein nur sehr schwer „barrierefrei gemacht“ werden kann, gilt dies auch für die Architektur einer Software oder einer Internetseite. Barrierefreiheit muss von Beginn an mitgedacht werden und darf nicht erst im Nachhinein aufgesetzt werden – dann wird es auch nicht umständlicher und teurer.

Abgesehen davon ist Barrierefreiheit kein „nice to have“ oder der Wunsch einer kleinen Gruppe. Sie ist ein verbrieftes Recht, das sich unter anderem aus Artikel 9 der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) ergibt. Barrierefreiheit ist die Grundlage für die umfassende Information und Teilhabe aller Bürger*innen – egal ob mit oder ohne Behinderungen. Für öffentliche Stellen sprechen das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) mittlerweile eine eindeutige Sprache: Alle Träger öffentlicher Gewalt sind verpflichtet, ihre digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten.

Barrierefreiheit im Privatsektor: Luft nach oben

Im Privatsektor gibt es im Bereich Barrierefreiheit noch einiges zu tun. Bislang gibt es noch keine verbindlichen Vorgaben, die alle Anbieter von Gütern und Dienstleistungen zu Barrierefreiheit oder zur Bereitstellung angemessener Vorkehrungen gegenüber einem Menschen mit Behinderungen verpflichten.

Menschen mit Assistenzhunden

Für Menschen in Begleitung mit Assistenzhunden hat der Gesetzgeber 2021 im Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) geregelt, dass ihnen der Zutritt zu allgemein zugänglichen Anlagen und Einrichtungen grundsätzlich nicht wegen der Begleitung durch ihren Assistenzhund verweigert werden darf. Die Verpflichtung trifft öffentliche und private Eigentümer, Besitzer und Betreiber von Anlagen und Einrichtungen gleichermaßen. Das bedeutet, die Bundesbehörde steht genauso in der Pflicht wie das örtliche Verkehrsunternehmen.

Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG)

Ab 28. Juni 2025 verpflichtet zudem das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) private Wirtschaftsakteure dazu, bestimmte Produkte und Dienstleistungen barrierefrei zu gestalten. Dabei liegt der Schwerpunkt auf dem immer wichtiger werdenden Bereich der elektronischen Kommunikation und Information.

Unternehmen müssen künftig unter anderem folgende Produkte und Dienstleistungen für Verbraucher barrierefrei anbieten:

  • Computer, Notebooks, Tablets, Smartphones, Mobiltelefone
  • Geldautomaten, Fahrausweis- und Check-in-Automaten
  • Fernsehgeräte mit Internetzugang
  • E-Books und E-Book-Lesegeräte
  • Messenger-Dienste
  • auf Mobilgeräten angebotene Dienstleistungen (inklusive Apps) im überregionalen Personenverkehr
  • Bankdienstleistungen
  • Dienstleistungen im elektronischer Geschäftsverkehr
  • Personenbeförderungsdienste (für Stadt-, Vorort- und Regionalverkehrsdienste nur interaktive Selbstbedienungsterminals)

Nicht für alle Produkte und Dienstleistungen gelten die Vorschriften gleich ab dem 28. Juni 2025. Insbesondere für Selbstbedienungsterminals greift eine Übergangsbestimmung. Sie dürfen bis zum Ende ihrer wirtschaftlichen Nutzungsdauer, maximal bis zu 15 Jahre seit der ersten Ingebrauchnahme, eingesetzt werden. Das kann schlimmstenfalls bedeuten, dass ein nicht barrierefreier Geldautomat noch bis 2040 weiterbetrieben werden kann.

Weitere Informationen zum Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) finden Sie auf der Webseite der Bundesfachstelle Barrierefreiheit unter

https://www.bundesfachstelle-barrierefreiheit.de/DE/Fachwissen/Produkte-und-Dienstleistungen/Barrierefreiheitsstaerkungsgesetz/barrierefreiheitsstaerkungsgesetz.html

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